Nicht immer sind Patienten mit dem Ergebnis nach Kreuzbandoperation zufrieden. Selbst nach mehrmonatiger Rehabilitation mit Physiotherapie kommt es gelegentlich vor, dass Beschwerden in dem betroffenen Kniegelenk verbleiben. Dies kann unterschiedlichste Ursachen haben.
Beschwerden nach vorderer Kreuzbandersatzplastik können z.B. auftreten bei:
- nicht verheilter Knorpel-Knochen-Prellung und Knorpelschaden
Bei nahezu jeder Kreuzbandverletzung kommt es durch die Verrenkung des Kniegelenks zu einer Prellung und Quetschung des Knochens und zwar meist am äußersten Ende des außenseitigen hinteren Oberschenkels (dorsolateraler Femurkondylus) sowie am hinteren oberen äußeren Schienbeinkopf (dorsolateraler Tibiakopf). Diese Nebenbefunde werden meist in dem Kernspinbefund bei frischen Verletzungen als sogenanntes "Bone-bruise" oder "Knochenmarksödem" beschrieben und sind als Begleitverletzung mit Ansammlung von zusätzlicher Flüssigkeit oder/und Blut im betroffenen Knochenareal zu werten. In den meisten Fällen verheilen diese Prellungen ohne weitere Folgen. Sollte jedoch eine sehr hohe mechanische Kraft eingewirkt haben, kann es hier gelegentlich auch zu bleibenden Schäden kommen. Diese können entweder nur den Knorpel oder aber auch zusätzlich den darunterliegenden Knochen betreffen, was dringend differenziert werden muss. mehr lesen im Artikel: Operative Knorpeltherapie
- mechanisch störenden Implantate (Schrauben, Pins etc. )
Die meisten Operateure verwenden zur Fixation der Transplantatenden Implantate, (die z.B. aus Titan, Polylactid oder Tricalziumphosphat bestehen).
Je nachdem, welche Fixationsmethode verwendet wurde, können Implantate gelegentlich die das Kniegelenk umgebenden Weichteile irritieren, z.B. wenn sie nicht vollständig im Knochen versenkt liegen oder direkt unter einer Sehne (z.B. unter dem sog. Tractus iliotibialis) zu liegen kommen, so dass die Sehne nicht reibungsfrei über das Implantat gleiten kann. Selten ragen Implantate auch in das Gelenk hinein und können hier den Bewegungsablauf behindern oder zu vermehrter Vernarbung im Gelenk führen. Eine genaue Information, welches Implantat in Ihrem Fall verwendet wurde, gibt der OP-Bericht.
- Allergien auf Implantate, Knochenentzündung nach Fixation mit resorbierbarem Material
Viele Operateure verwenden mittlerweile resorbierbare Implantate, was einige Vorteile mit sich bringen kann. Die Implantate können im Knochen belassen werden, da sie vollständig resorbieren und sich langfristig in Knochen umwandeln. Zudem lassen sich wiederholte Operationen am Kniegelenk leichter durchführen, wenn nicht störendes Metall vorher entfernt werden muss und dadurch ggf. ein Defekt im Knochen verbleibt. In seltenen Fällen kommt es jedoch zu einer Art "Abstoßungsreaktion", die durch den Abbauprozess des resorbierbaren Implantates entstehen kann. Hierdurch kann der Knochen, in dem sich das Transplantat befindet sehr druckempfindlich und weniger belastbar werden. Ähnliche Symptome können auch bei einer Metallallergie entstehen, wobei hier insbesondere auf lokale Hautveränderungen zu achten ist.
- fehlplatziertem bzw. nicht optimal verlaufendem vorderen Kreuzband
Zum einen können Fehlplatzierungen eine hartnäckige Bewegungseinschränkung verursachen. Darüber hinaus kann das Transplantat z.B. bei eng angelegter Notch (Kanal zwischen den zwei Oberschenkelrollen, in dem das Transplantat verläuft) am Oberschenkel reiben, was sich als Schnappen im Gelenk zeigt. Auch kann eine Notch sich zunehmend verengen, wenn Reiz- oder Entzündungsvorgänge im Kniegelenk für einen längeren Zeitraum anhalten.
- Zyklopssyndrom / innerer Gelenkvernarbung / Plika Syndrom
Beim sog. Zyklopssyndrom kommt es aus bisher nicht eindeutig geklärter Ursache zu einer vermehrten inneren Narbenbildung mit Ausbildung eines verdickten Bindegewebes im Bereich der Notch mit daraus resultierendem zunehmendem Streckdefizit. Diese kann auch erst mehrere Monate nach der Operation entstehen.
In jedem Kniegelenk gibt es Schleimhautfalten (Plicae), die für die Aufhängung der Gelenkkapsel verantwortlich sind. Beim Plika Syndrom kommt es zu einer Verdickung/Vernarbung dieser Schleimhautfalten. Da sie sehr nahe am Oberschenkelknochen anliegen, verursachen diese häufig ein typisches Schnappphänomen beim Beugen oder Strecken des Kniegelenks. Dies kann langfristig zu einer Knorpelschädigung in dem Knorpelareal führen über das die Plika ständig hin und her „reibt“.
Als Therapie bleibt meist nur die (erneute Operation mit) Entfernung des verdickten und überschüssigen Gewebes.
- anhaltender oder erneuter Knieinstabilität durch Schädigung anderer Bänder oder (Teil-)riss des Transplantates
Sollte ein Transplantat eine Überlastung erfahren haben und zum Teil eingerissen sein, muss zunächst der Grad der Instabilität und die Stabilität des verbleibenden Transplantates bestimmt werden. Zusätzlich zur körperlichen Untersuchung kann eine Ganganalyse auf einem Laufband mit Videoaufzeichnung Auskunft über einen unphysiologischen Bewegungsablauf geben. Je nach Grad und Lokalisation der Knieinstabilität kann gezielte Physiotherapie helfen, die Instabilität zu kompensieren. Bandagen oder Orthesen sichern das Gelenk z.B. bei sportlichen Belastungen zusätzlich. Bei zu ausgeprägter Instabilität bleibt manchmal nur die erneute Operation als Therapie übrig.
- sekundär entstandenem Meniskusschaden
Meniskuseinrisse reizen das Gelenk meist biomechanisch, indem sich ein Meniskuslappen zwischen Ober- und Unterschenkelknochen einklemmt und hier eine kurzzeitige Blockierung auslöst. Umgeschlagene Meniskuslappen können auch die anliegende Gelenkkapsel irritieren.
- Beschwerden an der Transplantatentnahmestelle.
Diese kommen fast ausnahmslos vor, wenn die Kniescheibensehne als Transplantat verwendet wurde. Bei dieser OP Methode wird ein kleines Knochenblöckchen jeweils aus der Kniescheibe und aus dem Unterschenkel herausgesägt, an denen dann die Kniescheibensehne hängt. Durch die Schädigung des Sehnenansatzes kommt es gelegentlich zu anhaltenden Schmerzen an der Kniescheibenspitze, die insbesondere bei Sprung- und Laufsportarten oder beim Hinknien auftreten.
Um diese Beschwerden zu vermeiden verwenden viele Operateure als Transplantat nun eine Sehne aus dem inneren Oberschenkelbereich (sog. Semitendinosussehne).
- anhaltender Bewegungseinschränkung mit Beuge- oder Streckdefizit.
Durch ein bestehendes Streckdefizit kommt es regelmäßig zu einer Überlastung des Gleitlagers zwischen Oberschenkel und der Kniescheibe, da die Kniescheibe bei gebeugtem und belastetem Kniegelenk durch die Zugrichtung des Quadrizeps und der Kniescheibensehne an den Oberschenkel gepresst wird. Erst bei vollständig gestrecktem Kniegelenk wirkt hier keine Reibungskraft mehr.
Beugedefizite verursachen ein unharmonisches Gangbild z.B. beim Treppensteigen, wodurch entfernter liegende Strukturen wie das Hüft- oder Sprunggelenk überlastet werden können.
Vorgehen bei Beschwerden nach Kreuzbandersatz:
Gründliche Untersuchung mit Ganganalyse, Stabilitätstestung und Muskelfunktionstestung.
Ggf. zusätzlich Röntgen, Ultraschalluntersuchung, Kernspintomographie (=MRT), Fußdruckmessung (mehr lesen).
Hilfreich wäre es, wenn Sie bereits zum ersten Termin die Kernspinaufnahmen vor der Operation,
den OP Bericht und den Krankenhausentlassungsbericht sowie ggf. Röntgenaufnahmen, die nach der Operation gemacht wurden, mitbringen würden. Dies kann evtl. Doppeluntersuchungen vermeiden.
Sie können diese Unterlagen problemlos beim Operateur / dem Krankenhaus anfordern.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Einholung diverser Vorbefunde.